Marokko


Wir verlassen das schöne Wetter in Deutschland und fahren in den Regen nach Frankreich. Auf halber Strecke übernachten wir bei Christophe in Cortelin. Er kann kein Englisch und tippt in den Übersetzer. Er tippt und tippt und hört nicht mehr auf. Wir werden schon ungeduldig, was will er uns mitteilen? Endlich hebt er sein Handy in die Luft: Den Schlüssel morgen früh in den Briefkasten werfen 😊

Das Auto mit Hänger steht sicher im Hof und wir laufen durch das urige Dorf.

9 Kilometer vor dem Fährhafen landen wir bei Beatrice. Eine sehr freundliche ältere Dame, die Englisch spricht. Wir laden unser Gepäck ab und fahren zum Caravanplatz, wo wir das Auto stehen lassen können.

Aufgeregt geht es jetzt zur Fähre. Wir sind früh, aber nicht die ersten. Viele extrem beladene Sprinter stehen schon bereit. Ein netter französischer, marokkanisch aussehender Biker, verteilt leckere hausgemachte Polentaschnitten. Stunden später, nach vielen interessanten Gesprächen, sind wir auf der Fähre, die pünktlich ablegt.



Nach zwei entspannten Tagen betreten wir zum ersten Mal Afrika mit Motorrad und lernen ein neues Land kennen. Mit Stempel im Pass, Dirham im Geldbeutel und Simkarte im Handy steuern wir den ersten Campingplatz an. Abdel spricht deutsch und hat den Platz in drei Jahren ganz neu aufgebaut. Eigentlich wollte er seine Rente genießen, aber jetzt macht es ihm doch Spaß. Neben uns wohnt ein Radler aus Irland. Die leckere Tajine mit glücklichem Hähnchen vom Nachbarn, vertilgen wir mit einer Engländerin und einem lustigen Australier. Simon ist seit März 2023 mit dem Wohnmobil unterwegs. 


Ungern verlassen wir das kleine Paradies und fahren Richtung Süden. Ein Mofafahrer weißt uns darauf hin, dass etwas am Hinterreifen klackt. Irgendwas ist immer nach der Inspektion. Die Kette ist zu locker. Nachdem diese wieder richtig sitzt, halten wir an einem dampfenden Restaurant. Zum Glück tanken wir noch, denn wir landen in einem der schönsten Nationalparks, den wir je gesehen haben. Ein ganzes Stück fahren wir durch Schmetterlingschwärme.


Da der Nationalpark Tazekka nicht mehr enden will, kommen wir erst im Dunkeln in Missour an. Wir finden ein Hotel, wie aus 1001er Nacht. Bei näherem Hinsehen fällt es allerdings auseinander und das harte Bett werden wir auch nicht vermissen. 

Unterwegs treffen wir unglaublich viele nette Reisende und vor allem Einheimische. Nachdem wir einem jungen Mann gestanden haben, dass wir Musik mögen, verschwindet er kurz und holt seine italienische Geige. Freudig lauschen wir seiner arabischen Musik.

In der Zizschlucht essen wir eine leckere Eiertajine mit Tomaten und Zwiebeln. 



Auf der Fahrt nach Merzouga wird es immer heißer. Bald tauchen die Dünen von Erg Chebbi auf. Die Straße verschwindet kurz im Sand. Wir steuern ein Hotel an, doch hier tanzt schon der Bär. Volker versinkt kurz und ich muss ihn wieder rausschieben. Zimmer bekommen wir keins, aber einen Aufkleber aufs Windschild. 

Im nächsten Hotel können wir eine Nacht bleiben und buchen für den nächsten Tag eine Allradtour durch die Gegend. 


Bevor wir ins nächste Hotel umziehen, starten wir mit Omar unsere Tour. Uli und Ralf, ein Motorradpaar aus Hessen, sind auch dabei. Wir lernen das Bewässerungssystem kennen. Zwischen den Dattelpalmen wird Gemüse angebaut. Nach dem Automuseum geht es durch die Dünen zu einer Miene. Früher wurde Blei abgebaut, heute Souvenirs verkauft. Viele Fossilien, Steine und hübsches Handgemachtes. Im Berberdorf bekommen wir im schattigen Wohnzimmer Tee serviert. Traditionell tunken wir das Fladenbrot erst in Olivenöl dann in Dattelsirup. Das Wasser wird in Kanistern vom Brunnen auf Esel transportiert. Obwohl es seit 10 Jahren nicht mehr geregnet hat, herrscht kein Wassermangel. Zum Abschluss hören wir noch spirituelle Musik von der Gnaoua-Kultur. Sie versetzt uns in Trance und wir rauschen zurück zum Hotel. 


Unser Gepäck wird in ein Hotel in der Nähe gebracht. Das Zimmer ist riesig und der Pool sehr erfrischend. Das Abendessen verbringen wir noch urlaubserlebnisaustauschend mit Uli und Ralf. Nachts hören wir laute Geräusche. Ein Stein kullert endlos über den Boden. Hunde haben wir keine gesehen, vielleicht spielt eine Katze? Volker schaut morgens nach. Es ist eine zerknüllte Dose, die vom Wind hin- und hergeschoben wird. Ibrahim serviert uns ein opulentes Frühstück und verabschiedet uns herzlich. 


Der Sandsturm von gestern hat sich gelegt. Die Schallerkaravane zieht weiter. Die Landschaft wird nie langweilig. Mittagspause verbringen wir im Trubel der Stadt. Wenigstens weiß man hier, was man isst. 

An einem Aussichtspunkt möchte mir ein Junge ein geflochtenes Lama geben. Ich lehne ab. Es kostet nichts. Achso, ja dann 😊 Von mir bekommt er einen Kugelschreiber. Nach der tollen Todraschlucht geht es höher in die Berge. Leider finden wir keinen Platz für eine wilde Nacht, können aber unser Zelt an der Auberge la Grotte aufstellen. Die Nacht auf knapp 2.500 Meter wird richtig kalt. 

Abdou lassen wir noch etwas schlafen und packen zusammen. Irgendwann ruft er zum Frühstück. Das Omelette brutzelt noch in der Tajine. Wir kommen bis auf 3000 Meter und eine Schotterpiste, die es nicht mehr lange geben wird. Am Aussichtspunkt auf die Serpentinen der Dadesschlucht möchte ein älterer Biker mit Volker Sticker tauschen. Der Franzose erzählt ihm, dass er eine Herztransplantation hat. Er verabschiedet sich mit den Worten: ein Herz ein Leben. Wir bekommen Gänsehaut. 


Heute machen wir einen Tag Urlaub. Wir schlafen in der Grotte und haben einen tollen Blick auf das Dadestal. Nach dem vorzüglichen Frühstücksbuffet spielen wir Tischtennis, gehen schwimmen und laufen in die Stadt. Volker freut sich riesig auf seine erste Pizza und erhält die kleinste, die er je gegessen hat. 


Wir sind bereit für die Sahara. Über einen tollen Pass geht es in die Wüste. In Zagora machen wir noch einen Fotostopp am Schild: 52 Tage nach Timbuktu. Hier brauchte die Karawane 52 Tage um in die berühmte Lehmbautenstadt im heutigen Mali zu gelangen. Ein Teenager tauscht mit uns Sticker. Er ist ganz aufgeregt und klebt ihn gleich auf sein Mofa. Die Landschaft wird immer flacher und durch ein Palmenmeer kommen wir an unsere Unterkunft. Abdo empfängt uns sehr freundlich und macht uns was zum Essen.

Ein Teil vom Gepäck schnallen wir ab und fahren durch das letzte Dorf vor dem Nichts. Wir schaffen noch einen Kilometer, dann ist für uns Schluss. Hassan lädt uns zu einem Tee ein und erzählt uns von den Urlaubern, die hier durchkommen. Volker kommt an den Wassermelonen nicht vorbei. Schließlich hat er eine Trägerin dabei. 

Es ist sehr heiß. Die Klimaanlage im Zimmer ist defekt und wir lassen Fenster und Tür offen. Auch nachts kühlt es kaum ab und die Stechmücken quälen uns. Sie konzentrieren sich auf meine Oberlippe und verwandeln mich in ein Monster. 


Wir canceln die zweite Nacht und fahren weiter. In einer Ecolodge bei Ouarzazate finden wir ein kühles Zimmer. Direkt vor der Haustür lädt uns ein Kameltreiber zum Streicheln seiner Tiere ein. Wir schwimmen eine Runde und genießen die Ruhe. 

Hier in der Umgebung wurden viele Filme gedreht. Angefangen mit Alfred Hitchcock bis Gladiator und Game of Thrones. Wir besichtigen das Filmmuseum, welches früher ein Drehort war. Wir fragen nach einem Schattenplatz fürs Motorrad und prompt wird es mit Karton abgedeckt. 


Ca. 20 Kilometer weiter kommen wir in die Oasenstadt Fint. Hier wurde der Film Babel mit Brad Pitt gedreht. An badenden Kindern vorbei landen wir auf einer Terrasse und essen zu Mittag. Beim Fotoshooting bekomme ich den verschwitzten Turban von der Bedienung aufgesetzt.

Im Antiatlas finden wir eine tolle Stelle für unsere wilde Nacht. Der Weg hierher ist atemberaubend schön. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr raus und fühlen uns wie über den Dächern der Welt. In einem kleinen Ort finden wir ein leckeres Mittagessen. Die Dame versteht leider nicht, was wir möchten. Irgendwann zeigen wir auf die zwei Gäste und bekommen eine leckere Tajine mit Rindfleisch, Pflaumen, Rosinen und Mandeln. Der bestellte Kaffee wird ein Pfefferminztee mit leckerem hausgemachtem Gebäck. Nochmal tanken, dann geht es in die Wildnis. Etwas weiter ist unser Netz schnell aufgebaut und Volker richtet die Kamera für den Sternenhimmel. Zum Glück gibt es Selbstauslöser, denn er verbringt eine schlaflose Nacht mit Magendarmproblemen, während ich die Milchstraße bestaune. Oje, wie schnell kommen wir aus dieser Wildnis wieder raus?


Ich packe alles ein und Volker schafft es kaum, die Maschine zu wenden. Wir müssen 40 Kilometer zurück in die nächste Stadt. Doch schon nach ein paar Metern halten wir an. Nachdem er anständig in den Straßengraben geschrien hat, geht es ihm etwas besser. Im Safranhotel frühstücken vier freundliche deutsche Biker und einer bietet sofort seine Französischkenntnisse an. Mein Fahrer bekommt schnell eine Cola und Wasser. Ich gehe alleine essen und stinke 2 Tage nach Knoblauch. Nach einem Tag ausruhen ist er wieder fit. 


Eigentlich wollten wir ans Meer fahren, aber durch diesen ungeplanten Stopp, heben wir uns das für den nächsten Besuch in diesem wunderschönen Land auf. Es macht so viel Spaß in Marokko, dass es kaum in Worte zu fassen ist. Die Kinder winken fröhlich und klatschen uns beim Vorbeifahren ab. In einem Cafe läuft tolle arabische Musik. Ich werde melancholisch. Viele Momente in diesem Traumurlaub werden wir nie vergessen. Nächster Stopp: Tafraoute. Eine der schönsten Regionen des Landes. Im Hotel Amaliya lassen wir uns für 3 Nächte nieder. Zum Glück, denn hier erwischt es mich auch. Die auf 1000 Meter Höhe gelegene Dattelpalmenoase ist umringt von einer fantastischen Bergwelt. Hier ist auch das Gebiet des endemischen Arganbaumes.


Immer, wenn wir denken es geht nicht schöner, kommt das nächste Highlight. Kurvig geht es endlos in die Berge. Nach einer Mondlandschaft kommt das Paradies. Die größten Oasen der Welt befinden sich in Marokko. Am Chapeau Napoleon, den wir mit viel Fantasie erkennen, besichtigen wir ein paar Kilometer weiter die blauen Steine. Diese Touristenattraktion stammt von einem belgischen Künstler. Zeit fürs Mittagessen, welches ich nicht bei mir behalten werde. 


Gut erholt, bei tollem Wetter ziehen wir weiter. Doch so wird es nicht bleiben. Über die Landschaft staunend machen wir Mittagspause in der Medina von Taroudannt. Ein Gitarrenspieler stellt sich neben uns. Ich gebe ihm gleich etwas Geld und schon ist er wieder weg. So war das nicht gemeint. Volker erwähnt, dass jetzt ein langweiliger Abschnitt folgt. Er liegt völlig daneben. Mein Foto klickt so oft wie noch nie. 

Wir wählen eine Unterkunft im Internet, doch die gibt es seit dem Erdbeben nicht mehr. Wir finden eine wieder aufgebaute und fahren los. Es wird ein trauriger Anblick. 




Die ersten Schäden vom Erdbeben im letzten Jahr tauchen auf. Überall stehen Zelte und Container. An einem Caféschild halten wir. Auf kleinem Raum werden hier auch Steine verkauft. Dahinter liegt das ursprüngliche Café in Trümmern. Mir laufen die Tränen. Doch mit seiner Gestik gibt er mir zu verstehen, dass ich nicht weinen muss, es geht ihm gut. Am 8. September 2023 um 23.11 Uhr bebte die Erde so stark, dass innerhalb einer Minute alles kaputt war. Die Menschen hier sind trotzdem fröhlich und dankbar über die Aufmerksamkeit der Touristen. Auf 2000 Meter Höhe, mitten in den Wolken, kommen wir zu unserem Hotel La Belle Vue 😂 die letzten Kilometer mussten wir fast ohne Sicht, immer mit Steilhang ohne Leitplanke, im Schritttempo zurücklegen. Das Kaminfeuer brennt, denn es ist sehr kalt hier oben. Das Bett ist extrem hart und ein Teil unseres Gepäckes muss vor dem Zimmer bleiben, denn es ist winzig. 


Am nächsten Morgen ist die Sicht auch nicht besser. Wir präparieren uns mit Heizweste, Regenjacken, wasserdichte Handschuhe und fahren los. Um zwei Ecken scheint die Sonne. Aber erst ein Stück weiter unten wird es wärmer. Wir möchten keine Tajine mehr essen und landen in einem Restaurant, wo es nichts anderes gibt. An unzähligen Gärtnereien vorbei wird es kurz öde. Nicht zu glauben, dass wir bald an den größten und schönsten Wasserfällen des Landes ankommen. 


Die Anfahrt unserer Unterkunft in Ouzoud ist etwas eigenartig, aber gut beschildert. Wir reservieren gleich für zwei Nächte. Zu Fuß müssen wir nur einmal um die Ecke und schon sehen wir das Wasser runter rauschen. Boa, was für ein toller Anblick. 110 Meter stürzt es in mehreren Etagen über rote Sinterterrassen in die Tiefe. Es ist so traumhaft hier, dass wir noch eine Nacht verlängern. Wir beobachten die Affen, kreischende Touristen im Boot, wenn sie nass werden und genießen die leckersten Smoothies. Die Standbesitzer grüßen uns schon lachend beim Vorbeilaufen. Mittag essen wir unter Maulbeerbäumen. Ich würde so gerne ein paar frische Früchte probieren. Kaum zu Ende gedacht, schüttelt die Bedienung an einem Ast und serviert uns frisch gewaschene Maulbeeren. 


Wieder verabschieden wir uns von ganz lieben Gastgebern und fahren mit Muskelkater in den Waden nach Meknes. Kurzer Fotostopp bei Volubilis. Monumente aus der römischen Antike. Heute UNESCO-Weltkulturerbe. Volker hält an, um eine Schildkröte von der Straße zu tragen. Überall blüht Oleander. An einem Kaffeeauto trinken wir leckeren Espresso.

Die blaue Stadt kommt in Sicht. Chefchaouen liegt malerisch im andalusischen Stil im Rifgebirge. Zuerst mischen wir uns unter die Einheimischen und essen Reis mit Gemüse und Hähnchen. Mit einem großen Wasser (1,5 l) zahlen wir knapp 4,50 Euro. Durch ein unscheinbares Tor kommen wir in die Medina. In der verwinkelten Altstadt ist eine Gasse schöner als die andere. Alles in blau und weiß. Die blaue Farbe soll angeblich Mücken und Fliegen abhalten. Raus aus dem wunderschönen Irrgarten schlecken wir ein Eis. Wir wählen marokkanische Sorten und es ist wirklich lecker. 



Eine endlos lange Kurvenstrecke liegt vor uns. Marokko ist ein absolutes Motorradparadies. Das schönste, was wir je über Landweg gesehen haben. Wir möchten so schnell wie möglich wieder kommen, denn es gibt noch unendlich viel zu entdecken. 
Wir beenden die Reise genau so, wie wir sie begonnen haben: bei Abdel.